Das Skulpturenensemble Aktion Ungeziefer

29.06.2012

Das Skulpturenensemble Aktion Ungeziefer

 

 

Das dreiteilige Ensemble, der Bremer Künstlerin Dagmar Calais, das sich mit den Zwangsaussiedlungen in der DDR befasst, ist noch bis November am Grenzdenkmal in Hötensleben zu besichtigen. Es befindet sich genau auf dem Todesstreifen zwischen Kolonnenweg und Signalzaun. Es ist nicht die erste Arbeit von Calais die sich mit der jüngeren deutschen Geschichte befasst. Installationen in der Gedenkstätte „Roter Ochse“ 2010 in Halle und 2011 das Kunstprojekt in der Gedenkstätte „Deutsche Teilung“ Marienborn, das sich mit den Todesschüssen und der Verletzung von Menschrechten nach der Grenzschließung 1952 auseinandersetzte, bleiben da noch in der Erinnerung. Mehr Informationen zu Dagmar Calais gibt es unter www.dagmar-calais.de.

 

Mit den Menschrechten setzt sich Calais auch in Hötensleben auseinander. Der mit Stacheldraht umwickelte Globus, als erster Teil des Kunstwerks, ist ein Synonym für die Sehnsucht der Menschen hinter Stacheldraht nach der Ferne dem Unerreichbarem. Es ist ein Sinnbild für die noch heute bestehenden Grenzen zwischen Nationen und Regionen. In denen Menschen aus ideologischen, ethnischen oder materiellen Aspekten ein- oder ausgesperrt werden. Die Fotos in der Mitte stellen Erinnerungsfetzen an die alte Heimat, die Menschen mitnehmen, wenn sie gezwungenermaßen oder auf der Suche nach Freiheit ihre Heimat verlassen müssen, dar. Der Ring der Menschenrechte, in dem der Globus steht, ist ein Verweis auf die 30 Artikel der „Erklärung der allgemeinen Menschenrechte“ der Vereinten  Nationen von 1948, zu der sich die beigetretenen Nationen verpflichteten. Damit ist es auch ein Fingerzeig auf den Verstoß gegen diese Menschenrechte durch die durch die DDR durchgeführten Zwangsaussiedlungen.

 

Der zweite Teil der Skulpturenausstellung ist ein Gebäudegrundriss eines Hauses, das im grenznahen Gebiet geschleift wurde. Der Grundriss des Hauses aus Stresow steht übertragen für die geschleiften Dörfer in der DDR. Die Grundmauern tragen die Namen der abgerissenen Ortschaften wie zum Beispiel Etgersleben in unserer unmittelbaren Nähe zwischen Völpke, Sommersdorf Hohnsleben und Offleben. Außerdem sind die verschiedenen Zwangsaussiedlungen namentlich vermerkt.

 

Im dritten Teil wird sich den Zwangsausgesiedelten gewidmet. 60 über den Boden gespannte Planen symbolisieren die vor sechzig Jahren begonnenen Zwangsaussiedlungen. Auf jeder Plane befinden sich 200 Zellen, die für die 12000 Zwangsausgesiedelten stehen. Die Planen sind in einer Kolonne angeordnet. Das soll eine Assoziation auf die pervertierte und pedantisch Planung und Ordnung der Zwangsaussiedlungen der Staatsorgane der DDR darstellen. Die Umsetzung durch die Staatssicherheit und die Volkspolizei hat hier die gleichen Attribute.

 

Vom Turm betrachtet wirkt das Ensemble wie ein sprachloses Ausrufungszeichen, wie nach einem stillen Aufschrei. Aus dem Turm betrachtet würde dieser Eindruck noch verstärkt werden, nur ist dieser leider, aus den bekannten Gründen, immer noch nicht zugänglich. Der Turm ist übrigens auch Bestandteil des Kunstwerks. Er steht in direkter Fluchtline zu den Skulpturen und ist mit seiner einstigen überwachenden und kontrollierenden Funktion sinnfälliger Bestandteil des Kunstwerks.

 

Der Grenzdenkmalverein ist gern bereit, das Kunstwerk bei einer kostenlosen Führung zu erklären. Anfragen bitte über www.grenzdenkmal.com oder .

 

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