Zeitenwende 1989

01.06.2014

Unter diesem Motto stand 18. Bundeskongress der Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen zur Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit den Verfolgtenverbänden und Aufarbeitungsinitiativen. Zu den letzteren zählt das Grenzdenkmal und die Gemeinde Hötensleben, die durch Achim Walther und René Müller vertreten waren. An diesem Wochenende vom 25.-27. April wurde im Landtag von Dresden eine Bilanz gezogen und Perspektiven der Aufarbeitung vorgestellt.

Der Freitag diente der Begrüßung und Eröffnung der Veranstaltung, wobei der Eröffnungsvortrag von Herrn Dr. Manfred Sapper interessante Thesen in den Raum stellte. Zum Beispiel die These, dass die Ereignisse in der Ukraine eine Fortsetzung der Geschichte der friedlichen Revolution sind. Die momentane Entwicklung und die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen der Regierung Russlands in der Ukraine zogen sich übrigens wie ein roter Faden durch den gesamten Kongress. Die Ukraine braucht unsere Unterstützung. Eine weitere These war, dass die DDR-Diktatur mit der Diktatur der Nazis verglichen werden darf, ohne dabei die Verbrechen der Nazis abzuwerten mit dem Blick auf die Opfer.

Am Samstag wurde über den Epochenumbruch 1989/90 und dem damit verbundenen Wandel der Geschichtsbilder diskutiert. Auch hier hatten die Ukraine und die Entwicklung Osteuropas einen Schwerpunkt. Desweiteren wurde mit Nachdruck über die Anerkennung und die Rehabilitierung von kommunistischem Unrecht konferiert. Am Abend gab es ein Theaterstück, das sich mit den Erfahrungen von Bürgerinnen und Bürgern über ihre Einsichten in ihre Stasi-Akten beschäftigt. Das Stück „Meine Akte und ich“ wurde von Clemens Bechtel inszeniert.

Fragen an die Vergangenheit und neue Blicke auf die DDR waren das Thema der Podiumsdiskussion am Sonntag. Die Preisträger des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten waren anwesend. Die drei Gymnasiasten aus Einsiedel stellten ihre Aufarbeitung zum Frauengefängnis Hoheneck zum Thema „Der stählerne Nachbar – nachbarschaftliche Beziehungen zur Strafvollzugsanstalt Hoheneck“ vor. Die drei Schüler haben über ein Jahr die Beziehungen von Häftlingen, Vollzugsbeamten, Nachbarn und Handwerkern in Form von Zeitzeugeninterviews, Aktenrecherchen und Vororteindrücken aufgearbeitet und dieses in ihrer Freizeit. Ein weiteres Thema waren die Sorben in der DDR, die es doch schwieriger hatten, als es die DDR Medien dazustellen versuchten. Erschreckend war ein weiterer Schwerpunkt, die Umerziehung von sogenannten „Leichten Mädchen“ in der DDR. Ein bis heute nicht komplett erforschtes Thema aber erschreckend, dass es dieses Umerziehungsprogramm zu einer sozialistischen Persönlichkeit gab. Wie es Frau Bejarano in Hötensleben bei Ihrer Ankunft im KZ der Nazis geschildert hat, mussten sich auch die Frauen bei der Ankunft in der „Poliklinik“, die ein Gefängnis war, entkleiden, ihnen wurden die Haare geschoren und sie wurden in Anstaltskleidung gesteckt. Unmenschliche Folter und psychischer Terror waren an der Tagesordnung.

Die Rolle der Medien insbesondere des MDR war ein weitere Tagesordnungspunkt.

Besonders unter die Haut ging die Gedenkveranstaltung in der Gedenkstätte Bautzener Straße, der Stasiuntersuchungshaftanstalt in Dresden. Die Haftbedingungen waren mehr als unmenschlich. Beim Betrachten der Verhörräume, hygienischen Einrichtungen, Zellen und der Arrestzellen wurde dem Betrachter der Atem verschlagen. Der Anlass war aber ein anderer. Es ging, um das Gedenken an sieben durch den NKWD ermordeten Personen vor genau sechzig Jahren, die hier auch inhaftiert waren. Beklemmend war das Gefühl, die Angehörigen in der ersten Reihe zu sehen und ergreifend die Vorträge zu diesem Thema. Aber wie es schon Pfarrer Peter Mücksch in Hötensleben beim Gedenken, der aus Hötensleben deportierten und ermordeten Juden zur Setzung der Stolpersteine, auf den Punkt brachte, formulierte es der Oberlandeskirchenrat der Evangelisch Lutherischen Landeskirche Burkart Pilz mit dem selben Wortlaut, Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt. Der Gang mit einer weißen Rose in der Hand durch den sogenannten Fuchsbau zum Raum der Stille des NKWD-Gefängnisses war schauerlich aber zugleich andächtig und in dieser Andacht wurden symbolisch für die Trauer über die sieben Ermordeten, gedenkend aller anderen Opfer diese Rosen niedergelegt.