Opfergedenken am 13. August

18.08.2009

Die Kranzniederlegungen am Denkmal und das Opfergedenken der Opfer der Innerdeutschen Grenze wurden in diesem Jahr musikalisch von der Kapelle der BKB begleitet. Die Rede am Denkmal hielt Gerhard Ruden.

Am 26.05.2005 wurde Gerhard Ruden vom Landtag des Landes Sachsen-Anhalt zum neuen Landesbeauftragten gewählt. Mit der Ernennung durch den Minister der Justiz trat er am 15.06.2005 sein Amt an.

Herr Gerhard Ruden wurde am 25.08.1946 in Haldensleben geboren. Von Mai 1990 bis Dezember 1994 war er Stadtrat für Umwelt (Beigeordneter) der Stadt Magdeburg. Bis April 2002 war er im Abwasserbetrieb der Landeshauptstadt Magdeburg tätig. Von Mai 2002 bis zu seiner Wahl zum Landesbeauftragten war er Mitglied der CDU-Landtagsfraktion. Gerhard Ruden ist verheiratet und hat ein Kind.

Gerhard Ruden war Mitglied in dem von Reiner Bohley geleiteten Friedensarbeitskreis der ev. Martinsgemeinde in Magdeburg, der sich im Herbst 1989 der Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) anschloss. Des Weiteren war Ruden Gründungsmitglied des Bürgerkomitees zur Auflösung des MfS und des „Runden Tisches Magdeburg".

In seiner Rede äußerte er, dass beim Durchsetzen einer Ideologie mit der Grenze die politische Kaste auf ewig zementiert werden sollte.

„Dass der über 40 Jahre im Osten Deutschlands währenden „Diktatur der ideologischen Säuberung" 12 Jahre vorangegangen sind, in denen Deutschland mit einer „Diktatur der ethnischen Säuberung" zum Tyrannen Europas wurde, entlastet die Verantwortlichen für dieses Bauwerk und die damit verbundenen Verbrechen nicht."

Ruden verglich die DDR Diktatur mit dem Nationalsozialismus, der zwar um Einiges unmenschlicher war, jedoch unübersehbare Parallelen hat. „Jedes Opfer und jede Verfolgung im Namen dieser beiden deutschen Diktaturen ist zu beklagen und als Menschheitsverbrechen zu benennen."

Des Weiteren zeigte er auf, wie die SED mit dem Instrument der Stasi Ihre Macht aufrecht erhielt. Aber die alten Machthaber versuchen die Aufarbeitung der Vergangenheit zu verhindern. „Aus diesem Grunde muss es auch für die nächste Zukunft eine Fortführung und Erweiterung der Stasi-Überprüfung geben. Das ist das einzige Mittel, was uns die friedliche Revolution in die Hand gegeben hat, um mit Moral und Ehrlichkeit Korruption und Vetternwirtschaft entgegenzuwirken."

„Auf der einen Seite stehen diejenigen, die unsere Grundgesetzdemokratie bejahen und sie als einziges, wenn auch unvollkommenes Mittel des Zusammenlebens von Menschen anerkennen. Auf der anderen Seite sieht noch immer ein Teil der Bürger die untergegangene Diktatur nicht als solche und als Unrechtsstaat an." Abschließend sagte Gerhard Ruden: „Wer immer diesem untergegangenen Staat oder seinen angeblichen Errungenschaften nachtrauert, muss sich im Klaren darüber sein, dass er diesen Real-Sozialismus nicht ohne alle seine ihn am Leben erhaltenden Begleitumstände bekommt. Und einer dieser Begleiter des realen Sozialismus, das ultimative Zeugnis vom Scheitern eines ideologischen Gesellschaftsmodells, steht hier: Stacheldraht und Mauer."

 

Der Rede von Herrn Ruden folgte das Opfergedenken der Opfer bis 1952 am Kreuz der Schwester Sigrada. Die Ansprache hierfür hielt Herr Wolfgang Stiehl. Wolfgang Stiehl (Jg. 1934) aus Magdeburg engagiert sich im Bund der Stalinistisch Verfolgten e.V. (BSV) bzw. in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. Beide Vereine fördern die Hilfe für politisch Verfolgte. Er organisiert gemeinsam mit Mandatsträgern und Mitgliedern das Vereinsleben in Sachsen-Anhalt. Dazu zählen Gedenkveranstaltungen zum 17. Juni, 13. August oder zum Volkstrauertag, gemeinsame Busfahrten zu Gedenkorten, aber auch Einflussnahme auf die Gesetzgebung oder die Teilnahme an Demonstrationen. Daneben steht die Beratung und Betreuung von Opfern der politischen Gewalt bezüglich der Wahrnehmung und Durchsetzung ihrer vom Gesetzgeber geschaffenen Rechte (z.B. Häftlingshilfegesetz) im Mittelpunkt. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist die Zeitzeugentätigkeit vor Jugendlichen oder Senioren sowie Teilnahme an Veranstaltungen der politischen Bildung. Dort berichten die Vereinsmitglieder von ihren Diktatur- Erfahrungen, um dazu beizutragen, dass sich extremistische Entwicklungen nicht wiederholen.

Herr Stiehl eröffnete seine Ansprache mit den Worten: „Es ist geschehen und deshalb kann es wieder geschehen." Er würdigte die Bedeutung der Gedenkstätte nicht nur für das Gedenken an das Schicksal von Schwester Sigrada, sondern für alle bekannten Opfer, die in der Gemarkung Hötensleben unnatürlich und abrupt ihr Leben lassen mussten. „Mit solchen Gedenk-Orten wird das anonyme Massenschicksal Grenzopfer, mit einer drei- bis vierstelligen Zahl, herunter transformiert zum Besinnen auf die Tragik und Unwägbarkeit jeweils eines Einzelschicksals. Erst so ist eine Erinnerung wirklich emotional angreifend und verarbeitbar." Er sprach noch einmal, über die bewusst von der Stasi verschleierte Geschichte der Schwester Sigrada. „Wie bei fast allen Todesfällen im Grenzbereich war das Regime der DDR absolut nicht daran interessiert, solche Todesfälle korrekt aufzuklären und die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Es sorgte vielmehr für weitest mögliche Verschleierung der aufgefundenen Fakten und ließ eine Veröffentlichung solcher Fälle durch die Medien wenn überhaupt nur im unmittelbaren lokalen Umfeld zu. Wir wissen auch heute über so viele Opfer an dieser gegen die Bevölkerung des eigenen Landes gerichteten Grenze viel zu wenig. ... tun wir alles, um eine Wiederholung und ein Schönreden solcher menschenverachtenden und religionsfeindlichen Diktaturen zu verhindern." Wolfgang Stiehl beendete seine Ansprach mit einem Zitat von Vaclav Havel „Die Macht der Bürokratie wird Macht des Volkes genannt; im Namen der Arbeiterklasse wird die Arbeiterklasse versklavt; die allumfassende Demütigung des Menschen wird für seine definitive Befreiung ausgegeben...und sie täuscht vor, dass sie die Menschenrechte respektiert...".

 

 

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