Gästebuch

70:
11.07.2023, 20:54 Uhr
 
55. Jahrestag einer Fahnenflucht in Hötensleben
Die diensthabenden Soldaten und Unteroffiziere standen wie jedem Tag am Donnerstag, dem 11. Juli 1968 auf dem Hof zur täglichen Vergatterung. Mit dem Spruch: „Stillgestanden,

Sie sind eingesetzt im Grenzabschnitt der 9. Grenzkompanie, im 2. Grenzbataillon in Hötensleben, mit der Aufgabe den Grenzabschnitt vor Provokationen zu schützen und nicht zuzulassen, notfalls mit Waffengewalt zu verhindern –

Rühren und wegtreten“.

Mit der täglichen Vergatterung in den Nachmittagsstunden begann der letzte Schritt meiner monatelangen Vorbereitung für die Stunde „X“. Ich wurde als Postenführer eingesetzt, mein Kamerad, ich nenne ihm hier Peter Müller, als Posten zum Postenpunkt Bahndamm. Eine Bahnstrecke ausgehend von Oschersleben (wahrscheinlich) über Hötensleben nach Wolfsburg (wahrscheinlich). Anfang der 50-ziger Jahre wurde der Betrieb eingestellt und gleichzeitig damit verbunden auch die Schienenanlagen demontiert, bis an die territoriale Grenze.

Das war die Schöninger Aue.

Lang, lang ist es her. Heute vor 55 Jahren, so zwischen 3 und 3 Uhr 30, genau konnte ich es nie mehr sagen, weil die innerliche Anspannung zur damaligen Zeit zu groß war. Den Zeitpunkt habe ich in meiner Stasi-Akte gelesen. Meine Flucht am Bahndamm 1968 in Hötensleben.

Gleich zu Beginn meiner Dienstzeit in Hötensleben konnte ich bei meinem einzigen Ablaufen des Kontrollspurenstreifens an einem Samstagnachmittag sehen, dass es nur ein kleiner Grenzbach in Richtung Ohrsleben gehend war. Im Bereich des Bahndammes mussten wir in der Fluchtnacht, erkennen, dass es sich im dortigen Bereich, um einen Graben handelte. Im oberen Teil ca. 3-4 m breit, ca. 2 m tief, mit ca. 0,50 m Wassertiefe, zusätzlich Morast. Die Grabengröße war uns nicht bekannt. Was uns sehr entgegenkam, die alten Bahnschienen über die Schöninger Aue, sie konnten nicht demontiert werden, sie waren noch vorhanden. Bei den Demontagearbeiten der Gleisanlagen konnten sich die Behörden zwischen Ost und West nicht einigen, wer auf welcher Seite das andere Territorium hätte betreten dürfen. So der Tenor Achim Walther, dem ehemaligen Vorsitzenden vom Grenzdenkmalverein in Hötensleben.

Personen, die den Metallgitterzaun nicht kennen, es konnte nur durchgeschaut werden, wenn man direkt davorstand. Schon die Blickrichtung im geringsten Winkel zum Zaun war die Sichtweite gleich Null.

Mehrere Fakten ermöglichten eine schnelle Flucht, jedoch mit großer Anspannung. Geplant oder auch angedacht war die Flucht von mir zum Ende der Nachtschicht, weil dann die Aufmerksamkeit, wegen der Müdigkeit, am geringsten wäre.

1. Das Ablaufen vom K6-Streifen, mein Postenführer war der Hundestaffelführer der Kompanie. Als wir an den Bahndammbereich ankamen, es war die Grauzone zwischen dem Minenfeld in südlicher Richtung und dem Ortsbereich von Hötensleben. Hier durften aus internationalen Bestimmungen keinen Minen verlegt werden. Dafür wurde der 3,20 m hohe Metallgitterzaun montiert. Vor diesem Zaun war zusätzlich noch ein Hundelaufbereich mit ca. 1,20 bis 1,50 m Höhe und einer Tiefe von 1,5 bis 2 m montiert. Dieser Hundelaufbereich hatte seinen Anfang ca. 50 m nördlich vor dem Bahndamm bis zur Hötenslebener Kippe.

2. Als Hundestaffelführer musste nun dieser Unteroffizier von seinen Hunden mir berichten. Zu meiner Entlastung nahm ich meine Kalaschnikow von der Schulter und steckte sie in einen Betonpfeiler. Das Streckmetallgitter war auf westlicher Seite (im DDR- / NVA-Jargon feindwärts) vom Betonpfeiler montiert. Warum auch immer, im Betonpfeiler waren einige Löcher nicht mit Montageschrauben belegt. Ich konnte unbekümmert meine MP in solch ein Loch versuchsweise stecken. Das war im Oktober 67, die Flucht Juli 68. Noch heute einen Dank an die Erbauer dieses Zaunes. Noch heute ist in Hötensleben die Bauanordnung vom Streckmetallgitter zu sehen. Später wurde das Streckmetallgitter auf östlicher Seite montiert und somit waren die nicht belegten oder unbenutzten Löcher verdeckt.

3. Mein Posten, der Soldat Müller, hatte mir bereits im Mai 68 nach seiner ca. 14-tägigen Dienstzeit in Hötensleben unter vier Augen mitgeteilt, wenn er die Möglichkeit bekommt, dann würde er flüchten. Ich wusste aber von ihm, dass er in der Grundausbildung in Dingelstedt am Huy, Kreis Halberstadt, sich zum Kandidaten der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland (SED) verpflichtet hatte. Vorsicht war für mich geboten. Ich gab ihm die Empfehlung, dass er sich die Kameraden, 12 an der Zahl im Zimmer, genau anschauen sollte, zu wem er dies sagen kann. Er möge aber jetzt dieses Thema mit mir beenden, sonst müsste ich ihm melden. Schon recht lang hatte ich meine Fluchtstelle erkundet, doch nun im Hinterkopf hatte ich auch meinen Mann. Mein Kamerad wusste keine 10 Minuten vorher von der geplanten Flucht.

Nach der Vergatterung ging ich wieder in unser Zimmer und legte mich für kurze Zeit auf das Bett. Die Gedanken, sie fanden keine klare Linie. Die innerliche lautlose Verabschiedung vom Elternhaus, von Freunden und Bekannten, hatte ich bereits in den zurückliegenden Wochenendurlauben vorgenommen. Ein Zustand, der heute noch eine gewisse Gänsehaut in mir aufkommen lässt. Nur meinen Großvater musste ich in die Arme nehmen und ihm sagen, „Lebe wohl, wir sehen uns nicht wieder“
Meine Tante erkannte die Situation und erwiderte, „Na, im Oktober bist du ja wieder zu Haus“. Ich konnte mich nicht mehr umdrehen und habe das Zimmer spontan verlassen. Ich wollte und konnte meine gläsernen Augen des Abschiedes nicht zeigen. Einen endgültigen Entschluss zur Flucht auf dem Bett konnte ich nicht treffen. Was für mich klar wurde, der Zeitpunkt „Wenn ich…“, dann kann es nur am Ende der Nachtschicht werden.
Die Aufmerksamkeit der Soldaten ist auf dem Tiefpunkt und verschiedene Postenpaare begeben sich frühzeitig zu Sammelpunkten für den Transport zurück in die Kompanie. Das Entscheidende, wie ich meinen Kameraden dazu bewegen konnte, fand ich leider keinen Lösungsweg. Ich stand wieder auf und brachte meinem Spind auf Vordermann. Ich putzte Staub und legte alle Wäschestücke, ob gewaschen oder schmutzig, in die FDJ-Zeitung, damit alles auf eine militärische Ordnung hinweisen sollte. Das Ende war dann der blauweiß, karierter Bettbezug, er wurde rein militärisch auf Kante gelegt.

Heute vor 55 Jahren, ein Wendepunkt in meinem Leben, allgegenwärtig noch vieles in meinem Kopf. Situationen, die ich nicht vergessen kann. Sehr einprägsam bleiben bestimmte Situationen.

Gegen 20 Uhr waren wir am Postenplatz „Bahndamm“. Mit zunehmender Dunkelheit und ansteigenden Wind wurde es kühler. Den ca. 9 oder 11 meterhohen Beobachtungsturm durften wir nachts nicht besteigen.

Mit dem Rücken am Metallgitterzaun stehend, bildete ich eine Räuberleiter. Mein Kamerad stieg auf meine Hände, dann auf die Schulter. Ich drückte ihm an seinem Stiefel nach oben. In Maßeinheiten, meiner Körpergröße 1,80 m, plus Armlänge ca. 0,80 m. Mit dem anderen Fuß stand er auf der eingesteckten Kalaschnikow im Betonpfeiler. Das letzte Stück auf dem Betonpfeiler sitzend, war ja bestens geübt in der Grundausbildung. Nicht abgesprochen war dabei, dass er mich hochziehen wollte oder sollte. Er reichte mir seine Hand herunter und wir schauten uns voller Anspannung kurzzeitig in die Augen. Ein denkwürdiger Moment in unserem Leben. Er zog mich hoch, bis ich auf meiner Kalaschnikow mit einem Bein stehen konnte. Erst jetzt sprang er vom Pfeiler gen Westen ab. Nun meine Prozedur bis hoch in die Sitzstellung, mit Blickrichtung gen Bahndamm, richtiger oder sicherer wäre ja zum Ortsbereich Hötensleben gewesen. Dies hätte aber in diesem Moment auch nicht weitergeholfen. Er hatte ja seine MP im Arm und meine steckte im Pfeiler. Ein Blick zurück, ob eventuell Gefahr bestehen konnte, gab es nicht. Ein kurzes Aufatmen, mit dem Gedanken unbeschadet die 3,20 m Höhe herunterzuspringen. Es waren die letzten Gedanken auf DDR-Seite.

Unvergessen bleibt. Am Donnerstag gegen 12 Uhr aufgestanden nach einer Nachtschicht. In den Abendstunden ging es wieder zur nächsten Nachtschicht. Gegen 3 Uhr sind wir geflüchtet. Gegen 5 Uhr sind wir von der Schöninger Polizei von einer Industriefirma in einem Pförtnerbüro abgeholt. Dann begannen die ersten Befragungen von Behördenstellen. Dem Bundesdeutschen Zoll waren u. a. viele Personen aus der Grenzkompanie mit Namen und Dienstgrad bekannt. Wir konnten die Bestätigung geben. Gegen 15 Uhr hörten wir in meinem kleinen Sternradio, welches ich mitgenommen hatte, über den Deutschlandfunk, dass in Niedersachsen zwei Grenzsoldaten die Flucht in den Westen unbeschadet gelungen ist. Die Befragungen endeten abends gegen 20Uhr. Uns fielen regelrecht die Augen zu.

Es ist sehr schade, dass ich meinen Kameraden nie wiedersehen konnte. Im Notaufnahmelager in Gießen haben sich unsere Wege getrennt. Mir ist nur bekannt, dass er 1974 wieder zurück in die DDR gegangen ist.
Am 12. Juli 1969 war ich zur gleichen Zeit und Stunde, diesmal nicht in Hötensleben, sondern auf Schöninger Seite und stand am Bahndamm morgens 3 Uhr 30.

In Berlin-Tempelhof nach Hannover bin ich mit dem Flugzeug geflogen, für 49 DM-West hin und zurück. Von Hannover mit der Bundesbahn in Helmstedt ausgestiegen. Ein sehr komisches Gefühl, eine Station weiter, wäre ich wieder in der DDR. Von Helmstedt umgestiegen nach Schöningen. In der Bahnhofgaststätte bis 1 Uhr gewartet. Über die Musikbox lief vielfach der Ohrwurm von Michael Holm „Mendocino“.
Dann ging es mit großem Herzklopfen die ca. 2,5 km lange Strecke in der Dunkelheit der Nacht per Fuß zum Bahndamm. Ich wollte die Flucht gedanklich noch einmal nachvollziehen. In den Taschen 2 Flaschen Bier und zwei Schachteln Zigaretten. Ich wollte sie gen Osten werfen, doch leider war kein Grenzer zu sehen.

Dennoch erleichtert bin ich wieder zurück mit Bahn und Flugzeug und habe meine Eindrücke auf Papier festgehalten. Freunde und Bekannte in Berlin hatten mir von dieser Reise gewarnt und abgeraten. Unbeirrt musste ich an dem Ort, wo ich die Flucht von Ost- nach Westdeutschland durchgeführt habe.
In meiner Stasi-Akte, die ich 2010 beantragt und in Papierform erhalten habe, steht geschrieben, dass mich fremde Geheimdienste, zur Provokation an die Grenze geschickt haben. Aus freien Belangen habe ich diese umständliche Fahrt am Wendepunkt meines Lebens noch einmal nachvollziehen wollen.

1978 konnte mein Vater zum ersten Mal im Rentneralter mich in Berlin besuchen. Tränen sind geflossen, der Freude wegen, aber auch zur großen Enttäuschung. Ich habe ihm von der ersten gescheiterten Flucht mit Schlaftabletten erzählt. Er war erstaunt über mein Organisationstalent und wollte wissen, wer mir diese Tabletten in der DDR besorgt hatte. Ich konnte ihm den Namen nicht nennen. Ich wollte diese Person weiterhin schützen und je größer der Personenkreis geworden wäre, um zu riskanter hätte das Leben für die Person werden können. Mein Vater war enttäuscht, dass sein Sohn zum Vater kein Vertrauen hatte. Der Weg war richtig. 2010 nach Sichtung der Stasi-Akte konnte ich erkennen, dass sie bis 1989 geführt wurde.

Deutschland und die Welt, wie hast du dich verändert?
Natürlich zum Positiven!!!

PS in persönlichen Gesprächen wäre ich gern bereit, nähere Einzelheiten über das Abschiednehmen und die vielen Gedankengänge zur Flucht, mit all den zum Teil leichtsinnigen Fehlern, die mir unterlaufen sind, zu erzählen.

Dienstag 11.Juli 2023
 

Kommentar:
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Bearbeitet am 12.07.2023

69:
18.10.2021, 17:58 Uhr
 
Durch eine Tipp sind wir auf die Gedenkstätte aufmerksam geworden.

Vor Ort waren wir sehr beeindruck von den Ausmaßen der Grenzanlagen. Bewusst haben wir die Teilung Deutschlands noch miterlebt, aber als Kinder sind wir im Westen groß geworden.

Der Einblick in die deutsche Geschichte ist absolut lohnenswert. Durch einen glücklichen Zufall durften zudem den Erklärungen und Erläuterungen von Herrn Müller folgen. Vielen Dank für die spontanen und sehr ausführlichen Ausführungen. Ein großes Lob, an alle die bei der Erhaltung dieses Teils der deutschen Geschichte beteiligt waren. Zu gerne hätten wir auf das Kapitel der Teilung Deutschlands verzichtet. Um so wichtiger ist es nun, auch diesen Teil der deutschen Geschichte in der Hoffnung zu erhalten, dass sich so etwas nie wiederholen sollte.
 
68: Gerni Spange
13.08.2021, 12:49 Uhr
 
TRAURIG !
sehr traurig, dass selbst zum 60.Jahrestag des Mauerbaus totales Schweigen in Hötensleben herrscht.
Keine Führung, kein Öffnen des B-Turms.
Früher wurde das Denkmal hoch gelobt und sicher auch finanziell gefördert.
Ich hab da gedient und hätte mir das gern mal wieder mit Anderen zusammen angesehen und vielleicht von meinen Erinnerungen erzählt.
Aber schade !!
 

Kommentar:
Der 13. August 1961 war in Hötensleben ein ganz normaler Tag. Die Grenze wurde hier schon neun Jahre früher geschlossen nämlich am 26. Mai 1952. Das haben wir auch zum Anlass genommen, dass am 13. August hier auch nichts mehr stattfindet, denn dieser Tag hat keinen Bezug auf Hötensleben sondern auf Berlin. Sie können aber gern am 26. Mai wiederkommen oder eine Führung anmelden. Das praktizieren wir auch aus einem anderen Grund, denn der 26. Mai findet in der Erinnerungskultur kaum Platz. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass eben der 13 August nicht an die Schließung der innerdeutschen Grenze erinnert sondern an den Mauerbau in Berlin.

67:
03.12.2020, 10:29 Uhr
 
Hier ein Auszug meiner DDR-Haft-Geschichte.

Eventuell für den Geschichtsunterricht in der Schule gedacht, da solche Tatsachen eher weniger erzählt werden.

Im Keller des Gefangenenlagers in Thale/Harz

Mein Mitgefangener Kamerad Bernstein sagte im Juni 1979 zu mir, Jürgen wir werden uns ab sofort nicht mehr mit Strafgefangene melden. Ich sage zum Beispiel bei der Meldung -Herr Polizeimeister, der Bundesbürger Bernstein ist anwesend.
Ich war mehr als verwundert aber einverstanden, über die Provokation. Wir werden uns als Bundesbürger melden, obwohl wir wissen, dass für die DDR die BRD ein Kapitalistischer Staat ist?.
Es kann nichts passieren Jürgen, sagte mir Bernstein. Die DDR ist nicht voll anerkannt vom Westen . Darum sind wir als deutsche alles Bundesbürger. Und außerdem werden wir demnächst für vom Westen freigekauft. Dann werden wir eine Haftentschädigung erhalten.
Echt? fragte ich, woher willst du das wissen? Wir bringen hier keinen Nutzen, deswegen schieben die uns ab. Dein Wunsch in Gottes Ohr, erwiderte ich ihm. Ich musste über die Aktion Bundesbürger nachdenken und war sehr aufgeregt, musste gleich aufs Klo deswegen. Im Keller der Absonderung im Gefangenenlager Thale gab es einen großen Raum mit 4 Doppelstockbetten. Aber die Matratzen und das Bettzeug war Tagsüber draußen gelagert. Man wollte es uns nicht zu gut gehen lassen.
Ich, der Kamerad Steinke und Bernstein waren die Letzen 3, von ehemals 8 Erziehungsunwillige und Verweigerer. Die anderen hatte man nach und nach in andere Gefängnisse verlegt. Oder sie waren Abgeschoben wurden. Wir wussten nichts Näheres. 4 Monate hatte ich in Thale im strengen Arrest auf Einzelzelle gesessen. Steinke hatte 5 Monate Arrest hinter sich. Bernstein war später erst nach Thale gekommen und hatte 2 Monate Arrest abgebrummt.
Im Arrest hatte ich Hungerstreik gemacht, auch weil mir nichts zum Schreiben für eine Beschwerde gegeben wurde. Bei Hungerstreik mussten die Beamten ihre höheren Offiziere darüber unterrichten.
Einem Major, der nicht in Thale stationiert war, sagte ich ''Da sie Leute einsperren und nicht Fair behandeln, ist es auch kein Wunder, warum sie nicht die Menschenrechtskommission "Amnesty International" ins Gefängnis lassen". Sie verstoßen selbst gegen ihre eigene Verfassung, wonach jeder DDR-Bürger die freie Wahl seines Wohnsitzes hat.
Und zur gleichen Zeit behauptet man, dass ein Ausreiseantrag Rechtswidrig sei. Zeigen sie mir doch ein Schriftstück, wo dieses drin steht? Im Strafgesetzbuch steht jedenfalls nicht, das man wegen einen Antrag zur Übersiedlung in die BRD, mit Gefängnis bestraft wird.
Der war vielleicht geplättet, als er die Worte von mir, gesagt bekam. So ein Offizier war ansonsten nur Gehorsamkeit, vor ihm strammstehen und Respekt gewöhnt.
Ich lese mal ihre Akte hatte der mir gesagt. Schreiben durfte ich dann aber.
Uns Widerständler hatte man in einen Kellerraum gesperrt, weil sie alle Arrestzellen Renovieren wollten. Wir ahnten aber, dass zu uns einige „IM“ als Spitzel geschickt werden.
Wenn ein Gefangener gegen die Hausordnung verstieß, bekam der 3 oder 7 Tage Arrest. Diese Strafe musste er dann bei uns im Keller verbüßen, weil ja die Einzelzellen grade gestrichen usw. wurden.
Wir passten nun auf was wir sagten, wenn diese Arrestanten bei uns im Kellerraum anwesend waren.
Angeblich war fast jeder "Ausreiseantragsteller". Zwei der zu uns gekommenen Inhaftierten wussten nicht einmal,
bei welchem Amt sie draußen ihren Antrag abgegeben haben.
Kamerad Steinke verschwand leider im Juni 1979 . Wir hofften , dass er zu seinen Verwandten in den Westen durfte. Mein Mitgefangener, der Kamerad Bernstein, war 2 Jahre älter als ich.
Leider habe ich jetzt seinen Vornamen vergessen. Er war Klug und Pfiffig, hatte Abitur mit 1,3 gemacht und während der Schulzeit sogar eine einjährige Ausbildung zum Elektrotechniker abgeschlossen.
Dafür waren eigentlich 2 Lehrjahre erforderlich. Er wollte Studieren und hatte sich für Medizin entschieden. Auf Grund seiner nicht korrekten politischen Einstellung zum DDR-Staat,
wurde dieses Studium abgelehnt. Auch das für Mathe oder Chemie, sowie einige Möglichkeiten zum Ingenieur, lehnte der Staat ab.
Als einziges hatte man ihm ein Studium als Agraringenieur für Landschaft und Schweinezucht angeboten. Praktisch als qualifizierter Bauer und Schweinezüchter auf einer LPG.
Die wollten ihn in den Kuhstall abschieben.
Das ging ihm wohl zu weit mit der Bevormundung. Da ist er, seiner Erzählung nach, zu laut geworden oder ausgerastet.
Und nun saß er wegen „Staatsverleumdung“ in Thale mit 1 Jahr Haft.
Zum Essen bekamen wir die „Nichtarbeiterverpflegung“. Das war morgens und abends je 3 Scheiben Brot mit Marmelade oder ganz dünne Wurst drauf.
Das Mittagessen ohne Fleisch und Kompott.
Also Bsp. Kartoffeln mit Soße. Oder Suppe, ohne Fleisch. Im Gegensatz zum Arrest, war das Essen für uns aber mehr.
Denn im Arrest gab es nur alle 3 Tage Mittagessen, womit man glaubte uns erziehen und bestrafen zu müssen. Wir sagten uns aber, wenn wir unser Ziel erreicht haben,
können wir genug und besseres im Westen essen.
Wir werden bestimmt Rehabilitiert, also Frei gesprochen und bekommen Entschädigung für unser Leiden, sagte mir Kamerad Bernstein .
Woher weißt du das? In Leipzig habe ich mich öfters bei Leuten informiert und die mehr wussten. Das glaubte ich ihm aber trotzdem nicht.
Warum sollte die BRD für jeden von uns kleinen Lichtern 30 000 - 100 000 D-Mark als Freikauf zahlen ? Und dann anschließend auch noch Entschädigen?
Na, das glaube ich Dir auf keinem Fall! Klar Jürgen, sagte Kamerad mir Bernstein, wir sind politische Gefangene, wir sitzen unschuldig. Du kriegst das Vierfache wie ich. Bei 10 DM täglich kommt allerhand Geld zusammen.
Jeden Tag den wir hier im Keller Vegetieren, kriegen wir bezahlt. Selbst wenn nicht, Hauptsache wir sind frei. Nach solcher Aufmunterung und Information, stieg meine Laune und der Optimismus bei mir wieder.
Wenn ich damals schon gewusst hätte, das die „Stasi“ der (DDR-Geheimdienst) manchmal auch Regierungsgegner umbringt und dieses dann als Unfall tarnt,
wer weiß ob ich dann weiterhin Wiederstand geleistet hätte.

Als ein Polizist(die Wärter gehörter zur Volkspolizei und hatten Blau-graue Uniformen an) die Zelle öffnete, probierte Bernstein sein Vorhaben aus. Er sagte: Herr Wachtmeister, aus der Buchenwaldgedächtniszelle melden sich 2 Bundesbürger. Alleine schon, weil er den Beamten mit Absicht als Wachtmeister und nicht als Oberwachtmeister ansprach, empfand der als Provokation. Später ärgerte ich mich darüber, dass Bernstein „Buchenwaldgedächtniszelle“ gesagt hatte. Wenn die das nun als Hetze auslegen, kriegten wir extra Hafttrafen. Ein Glück, das Bernstein das einsah und außer "Bundesbürger" ,wollten wir die zusätzlichen Bezeichnungen weglassen.
Bei nächster Gelegenheit beim Strafvollzugsabteilungsleiter, einem Oberleutnant, probierte ich es aus.
Als ich ins Dienstzimmer eintrat, sagte ich: der Bundesbürger Brand sollte mal herkommen.(Richtig wäre gewesen; stramm zu stehen und zu sagen - Herr Oberleutnant der Strafgefangene Brand meldet sich zur Stelle)
Was sind sie? Ich sagte, „Bundesbürger“.
Fast ist der aus seinem Anzug (Uniform)gesprungen. Der vergaß sogar den Grund, warum ich zu ihm kommen sollte. Als ich dem sagte,
dass die DDR-Staatsbürgerschaft nicht mal vom Westen anerkannt ist
und ich deswegen automatisch Bundesbürger bin, schmiss der mich aus seinem Dienstzimmer. Ein kleiner Triumph für mich, ich wollte ja mehr auffallen und dadurch Pluspunkte zu sammeln.
Ich nahm mir vor, jedes Mal wenn mich ein „Schließer“ ansprach oder ich zum Gespräch muss, mich als „Bundesbürger Brand“ vorzustellen. Aber es war sehr schwer, dadurch noch mehr Bestrafungen und Benachteiligungen auszuhalten.
Zu Weihnachten 1978, hatte ich mich das letzte Mal satt essen können, als es im Zugangsbereich Hähnchen(Broiler) und Schnitzel über die Feiertage gab.
Auch Bananen und Apfelsinen. Das hatte dann wohl ein Betrieb geliefert gehabt, wofür die Gefangenen arbeiteten. Dass war nun schon 6 Monate her. Aber zu sehr musste ich auch nicht Meckern, denn würde ich ab sofort dem Lager-Chef sagen, ich mache das was von mir verlangt wird, dann ginge es mir Verpflegungsmäßig allemal viel besser.
Ich hatte damals noch 20 Monate Haft vor mir und wusste nicht wie lange es noch dauern würde, mein Ziel zu erreichen. Das es alles noch „schlimmer“ wird und ich am Ende 30 Monate Einzelhaft und Arrest aushalten musste, wusste ich da noch nicht. Ich hoffte immer auf einen Bus, der mich bzw. uns zur Grenze fährt oder das wir nach Cottbus in Abschiebehaft kommen.
Genauso wusste ich nicht, das Laut meiner später gefundenen Stasi-Akte, bereits 1978 von der Abteilung Inneres, die Ausreise genehmigt war.
Und im Keller in Thale, war es bereits Juni 1979!!
Das solche Mittäter und andere SED-Genossen ,die mehr oder weniger
für Zwangsadoptionen, Schießbefehl, Gefangenmisshandlung, Freiheitsberaubung, Wahlfälschung, Verhaftung Unschuldiger Bürger und Bespitzlung verantwortlich waren ,
sitzen sogar bei der heutigen Polizei, im Bürgerbüros, im Bundestag oder sind als Bürgermeister tätig.
Und was machen viele ehemalige DDR-Bürger? Sie haben nichts dazugelernt und Wählen die Linken(Ex-SED).
Die Entschädigungsrenten(Stasi-Opfer, Gesundheitsschaden) trösten mich ein wenig für die Leiden.
Die Schuldigen werden hoffentlich in der Hölle schmoren.
Hoffte ich jedenfalls.
Um alles besser zu verarbeiten und vor einem neuen Sozialismus durch die Linken zu warnen,
schrieb ich meine Erlebnisse im 2 teiligem Buch „Hafterlebnisse eines DDR-Bürgers“ nieder.

Meine Homepage> http://rurufi.ibk.me

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Wem das Interessiert, der kann sich beim epubli-Shop oder bei Amazon ein E-Book für 2,99€ runterladen.
 
66:
23.10.2020, 15:31 Uhr
 
Herzlichen Dank an alle Mitglieder des Vereins Grenzdenkmal Hötensleben. Wir waren mit unserem 19-jährigen Sohn hier, den die Grenzanlagen mit Stacheldraht, Todeszone und Wachtürmen sehr beeindruckt haben. Herr Müller führte uns sehr kompetent und mit vielen anschaulichen Details über das Gelände. Ich finde es sehr wichtig, dass diese Grenzanlage erhalten geblieben ist für die Nachwelt und kommende Generationen. Es ist ein deutliches Zeichen für die DDR, die sich offiziell als friedliebendes und tolerantes Land hinstellte und es dabei nötig hatte, seine Bewohner unter Todesandrohung einzusperren.
 
65:
02.04.2016, 09:50 Uhr
 
Guten Tag liebe Besucher dieser hervorragenden Seite. Herzlichen Dank auch an Sie Her Roehl für meine Vorstllung bei Ihnen! Ich habe mich über die von Ihnen dazu eingesetzten Fotos sehr gefreut! Mein Buch über Zollgrenzdienstzeit im Harz wurde jetzt unter dem Titel: " Ein Zöllner flüchtete in die DDR" veröffentlicht. Bei Amazon kann man in das Werk unter der Eingabe des Titels einen kleinen Einblick bekommen. Mit besten Grüssen aus Aachen, Burkhard Brenk
 
64:
12.02.2016, 21:56 Uhr
 
aufgeschriebene Erinnerungen an meine Zollgrenzdienstzeit in bad Harzbur-Eckertal von 1975-1980 und bei einer sondereinheit des Zolls zur bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität im Dreiländereck von Aachen von 1980 - 2008 Diese spannenden autotobiographischen Erlebnisse meiner Diestzeit sind unglaublicheaber wahre wiedergegebene Erlebnise. Sie wurden von mir in dem bebilderten Buch. Ein Zöllner flüchtete in die DDR ( ISBN nr. 978-3-7375-8667-2 für 11.95 Euro veröffentlicht Mit den besten Grüssen aus Aachen Burkhard.
 
63:
05.02.2016, 09:17 Uhr
 
An einem Vormittag kamen 2 Männer zu meiner Arrestzelle in den Keller in Torgau 1976. Einer Schloss die Tür und dann das Zwischengitter auf. Brand? Ich sagte ja. Von den 2 Zivilisten wurde ich mit Schupsen aus die Zelle befördert. Einer hatte seine Gummiknüppel in der Hand und Fuchtelte in meinen Rücken damit rum.Vorwärts! schneller schrien die. Ich wusste nicht wer die Leute waren und warum die mich raus holten. Ich kriegte Stöße von hinten das ich fast zu Boden viel Ich hatte bloß die Latschen an und konnte nicht so schnell gehen wie ich sollte. Mehrere Zwischengitter wurden aufgeschlossen um zur anderen Station zu kommen. Los schneller, nicht einschlafen Brand, hörte ich immer. Als ob es wichtig wäre so schnell wie möglich dahin zu kommen wo die wollten – dachte ich mir. Das es nur Stasi-Leute sein können ahnte ich. Bisher hatte sich in Torgau noch niemand von solchen Leuten bei mir Blicken lassen oder ich musste auch noch nicht zu einem zum Gespräch.Obwohl ich zum damaligen Zeitraum schon mehrere Wochen im strengen Arrest saß. Richtig Schockiert von solch einer Behandlung kam ich bald mit den 2 in deren Büro an. “Da hinstellen, mit dem Gesicht zur Wand!” hieß es .Da stand ich eine Weile bis ein Typ aus der Tür raus geschossen kam und mir befahl “Umdrehen!” Dann schrie der mich dermaßen, unverhofft kräftig und laut an, das ich wohl mächtig betroffen und eingeschüchtert war. Mit Worten, “was erlauben sie sich Brand, hier alles zu verweigern,was denken sie wohl was wir mit ihnen hier machen werden? Vergessen sie es, sie kriegen Nachschlag und raus kommen sie dann, wenn wir es wollen!”Dann hörte ich Worte wie bsp. Asozialer Typ, Krimineller, Abschaum, Verräter, Parasit unserer Gesellschaft und einiges mehr. Bei dem sein Geschrei stand er so nah vor mir, das seine feuchte Aussprache in meinen Gesicht landete. Wollte die Spucke aus dem Gesicht wischen, da schrie der fette Sack zu mir “Arme unten lassen, oder wollen sie mich angreifen?” Ich war fertig mit meinen Nerven. Durch den Wochenlangen Arrest, ohne Vergünstigungen, Hungern, war ich vorher schon ausgelaugt. So hat mich noch keiner angeschrien oder runtergeputzt. Richtung Ende des Geschreis und Getobe hörte ich die Frage “Und wollen sie noch länger uns verscheißern und endlich arbeiten für ihr da sein” ?Ich zitterte am ganzen Körper und habe nicht mit solch einen Wutanfall eines Stasi-Beamten gerechnet. Aber trotzdem wusste ich genau, das sich wegen solch einem Irren, mein Ziel und Standpunkt nicht ändere.”Was wollen sie Strafgefangener Brand mit ihren Benehmen erreichen?”, fragte der jetzt schon etwas leiser? “Ich will in den Westen.” antwortete ich. Da fing der Mensch an zu lachen und mit seinem knallroten Gesicht rief er zu mir.”Vielleicht als Rentner,wenn sie Torgau überlebt haben”?! “Wir haben doch hier das sagen und sie kriminelle Laus sind nur ein Nichts. Hier werden wir uns noch öfters treffen und mal sehen was sie dann noch meinen..Umdrehen Brand!” hörte ich von dem. Da stand ich eine jetzt Weile mit dem Gesicht zur Wand und zitterte einem Nervenzusammenbruchs nahe vor mir hin. Dann sagte mir einer von den Beamten die mich aus der Zelle befördert haben, “Brand nehmen sie mal hier Platz.” Der sprach ganz höflich zu mir als ob nicht gerade von seinem Genossen ein Wutausbruch über mich ergossen wurde. Der bot mir sogar eine Zigarette an.”Überlegen sie sich doch jetzt mal ganz in Ruhe, ob es nicht besser wäre die Arbeit im SV aufzunehmen. Sie hätten wieder Kontakt zu anderen Gefangene, dürfen Briefe empfangen und schreiben. Ich gebe ihnen Paketscheine. Einkaufen wie andere können sie dann auch. Sie müssen nicht mehr Leiden, bleiben Gesund. Denken sie an die Wiedergutmachung Strafgefangener Brand!” Der blieb auch noch höflich und ruhig als ich fragte was ich wiedergutmachen sollte. Dem sagte ich das Opfer bin ich und nichts möchte ich von dem was er eben aufgezählt hat. Ich will doch bloß aus der DDR raus. Dem seine Erwiderung lautete nicht mehr so höflich: “Brand, so kann ich ihnen auch nicht weiter helfen,dann verrotten sie in ihrem Keller.” Als bald ein SV-Obermeister eintraf, wurde ich von dem in meinen Arrestbereich zurück- gebracht. Später erst erfuhr ich, das der große fette Miese Kerl ein Hauptmann der Stasi war und die beiden die mich geholt hatten, waren ein Unterleutnant und ein Leutnant. Hinterher habe ich mir gedacht, warum hat man denn nun erst mit diesem Geschrei das harte Verhör begonnen und hinterher es auf Kumpel versucht mich umzustimmen? Umgekehrt leuchtet es mir schon ein, aber die waren ja die Spezialisten. Viele Strapazen und auch Erziehungsge- spräche mit Morddrohungen (Verhöre) hatte ich damals noch vor mir. Schon Seltsam, für diese Leute war ich und andere politischen Gefangene alle Kriminelle. Meine Rehabilitierung, Freispruch und Entschädigung empfand ich Mitte der 90 er Jahre als Ritterschlag. Laut der Meinung des dicken des Stasi-Hauptmanns, müsste ich jetzt noch 2 Jahre warten, um dann mit 65 in den Westen als Rentner zu dürfen .Möge er und seine Genossen den verdienten Lohn für ihr Handeln bekommen haben!!!!http://rurufi.ibk.me
 
62:
20.09.2015, 10:23 Uhr
 
Hohinteressant!!! Es wurde schön und eine gute Idee sein so ein Anlage auch in Ungarn sanieren und an die Besucher vorstellen (z. B. bei Hegyeshalom-Nickelsdorf des Autobahn Budapest-Wien) Ich gratuliere Ihnen!
 
61: Bollhof Walter
16.06.2015, 19:28 Uhr
 
Im Namen der Bewohner der beiden Wohnstätten für Menschen mit Behinderung in Herzberg /Elster möchten wir uns für die gute Führung durch Herrn Walter noch mal recht herzlich bedanken.
 

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